Neue Zuercher Zeitung
02. M?rz 2011

Teilerfolg einer ?irrigen? Theorie

R?tselhafte Rotation von Galaxien

Spe. ? Die Rotation von Galaxien gibt Astronomen bis heute R?tsel auf. Geht man vom Newtonschen Bewegungsgesetz aus, sollte die Geschwindigkeit, mit der Sterne um das Zentrum ihrer Galaxie rotieren, mit wachsendem Abstand vom Zentrum kleiner werden. Tats?chlich beobachtet man jedoch, dass die Rotationsgeschwindigkeit der Sterne ann?hernd konstant bleibt. Die Diskrepanz zwischen Theorie und Beobachtung wird gemeinhin als Indiz gewertet, dass Galaxien wie die Milchstrasse in einen Hof von dunkler (unsichtbarer) Materie eingebettet sind. Es gibt allerdings Forscher, die eine andere Erkl?rung vorziehen. Sie glauben, dass das Newtonsche Bewegungsgesetz bei kleinen Beschleunigungen (also etwa in den Aussenbereichen einer Galaxie) modifiziert werden muss. Eine Untersuchung von gasreichen Galaxien liefert den Anh?ngern der MOND-Theorie (Modified Newtonian Dynamics) nun neue Argumente.?

Ein unzweideutiger Test

Die MOND-Theorie wurde bereits 1983 von dem israelischen Physiker Mordehai Milgrom formuliert. Sie ist so konstruiert, dass sie f?r Sterne weitab des Gravitationszentrums einer Galaxie eine konstante Rotationsgeschwindigkeit liefert. Aus der MOND-Theorie lassen sich verschiedene Vorhersagen ableiten. Unter anderem sollte zwischen der beobachteten Masse einer Galaxie und ihrer konstanten Rotationsgeschwindigkeit ein wohldefinierter Zusammenhang bestehen.

Ein unzweideutiger Test dieser Relation scheiterte bisher daran, dass sich die Masse von Galaxien, die von Sternen dominiert werden, nicht hinreichend genau bestimmen liess. Stacy McGaugh von der University of Maryland richtete sein Augenmerk deshalb auf Galaxien, in denen nicht Sterne, sondern das interstellare Gas den Hauptbeitrag zur Masse liefern. In diesem Fall l?sst sich die Masse der Galaxie sehr viel genauer absch?tzen. Anhand von 47 gasreichen Galaxien konnte McGaugh den von der MOND-Theorie postulierten Zusammenhang zwischen Galaxienmasse und Rotationsgeschwindigkeit best?tigen. Das auf dunkler Materie basierende Standardmodell der Kosmologie hatte in dieser Hinsicht mehr M?he. Nur durch eine Feinabstimmung von Parametern konnte es mit den Beobachtungen in Einklang gebracht werden.

Grenzen der MOND-Theorie

Sean Carroll vom California Institute of Technology mit Fachgebiet theoretische Physik m?chte diesen Erfolg der MOND-Theorie allerdings nicht ?berbewerten. Man wisse heute, dass diese Theorie falsch sei. Weder k?nnten mit ihr die gemessenen Unregelm?ssigkeiten im Mikrowellenhintergrund richtig erkl?rt werden, noch erlaube sie es, die Dynamik von Galaxienhaufen zu beschreiben. Umgekehrt gebe es viele gute Argumente f?r die dunkle Materie. Auf grossen Skalen beschreibe diese das Universum sehr gut.

Das bestreitet auch McGaugh nicht. F?r ihn bleibt aber die Frage, warum die MOND-Theorie erfolgreiche Vorhersagen f?r Galaxien macht, wenn das auf dunkler Materie basierende Standardmodell die richtige Theorie ist. M?glicherweise sage das etwas Profundes ?ber die Natur der dunklen Materie aus. Dass hier Erkl?rungsbedarf besteht, gibt auch Carroll zu. Allerdings vertraut er darauf, dass es im Rahmen des Standardmodells der Kosmologie eine konventionelle Erkl?rung f?r die Systematik gibt, die die MOND-Theorie zum Ausdruck bringt.

? arxiv.org/abs/1102.3913.


Diesen Artikel finden Sie im NZZ E-Paper unter: http://epaper.nzz.ch

NZZ Online: http://www.nzz.ch
Copyright (c) Neue Z?rcher Zeitung AG